Erbfälle stellen sowohl im Rahmen der vorsorgenden Gestaltung als auch bei der späteren Nachlassabwicklung für alle Beteiligten eine Herausforderung dar. Besteht im Zusammenhang mit dem Erbfall ein Auslandsbezug, treffen verschiedene Rechtsordnungen aufeinander. Dann kann es schnell kompliziert und eine umfassende rechtliche Beratung für die Betroffenen unerlässlich werden.
Stuttgart – Komplexitätssteigerung durch Auslandsbezug. Befinden sich Vermögenswerte im Ausland, bringt der Erbfall besondere rechtliche Herausforderungen mit sich. Gleiches gilt, wenn der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatte und zum Nachlass Vermögenswerte im Inland gehören. Das hierbei entstehende Zusammentreffen verschiedener Rechtsordnungen kann die schon nach der deutschen Rechtsordnung bestehende Komplexität eines Erbfalls noch einmal erheblich steigern. Dies betrifft sowohl die vorsorgende Gestaltung im Vorfeld als auch die spätere Abwicklung des Erbfalls durch die Erben.
„Jede Rechtsordnung hat ihre eigenen Gesetze und rechtlichen Rahmenbedingungen. Diese zu kennen und ihr Zusammenwirken aufeinander abzustimmen, ist für eine sachgerechte Behandlung von Erbfällen häufig unerlässlich,“ erläutert Stephanie Söhner, Geschäftsführerin der Notarkammer Baden-Württemberg. Die Verquickung verschiedener Rechtsordnungen kann es erforderlich machen, neben einer deutschen Notarin oder einem deutschen Notar einen Berater für das ausländische Recht hinzuzuziehen, zum Beispiel einen Notar oder Rechtsanwalt des jeweiligen Landes.
Im Idealfall sollte sich diese Beratung nicht nur auf die zivilrechtliche Bewältigung des Erbfalls beziehen, sondern auch auf dessen steuerrechtliche Folgen im In- und Ausland, was ergänzend die Einbeziehung eines Steuerberaters der jeweils betroffenen Rechtsordnung empfehlenswert machen kann.
Vorausschauende Gestaltung im Testament
„Befindet sich Vermögen im Ausland und will der künftige Erblasser sich und seine Nachfolger insoweit vor unerwarteten erbrechtlichen Wirkungen seines Ablebens schützen, kann es oftmals erforderlich werden, die Regelungen des deutschen Erbrechts mit den Gesetzen des betroffenen ausländischen Staates abzugleichen, einen etwaigen Gestaltungsbedarf zu erkennen und diesen rechtssicher umzusetzen“, erläutert Söhner.
Im Interesse einer gelingenden Nachfolge sollten vorausschauende Erblasser demnach rechtzeitig Vorsorge treffen und fachkundige Beratung einholen. „Bei der Gestaltung eines Testaments oder eines Erbvertrags werden die entscheidenden Weichen gestellt, damit auch Vermögenswerte im Ausland in die vom Erblasser gewünschte Bahn gelenkt werden“, weiß Söhner.
In Deutschland stehen hierfür Notarinnen und Notare als rechtliche Berater und Urkundengestalter zur Verfügung. Auch bei einem gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers im Ausland, kann die Hinzuziehung rechtlicher Expertise sinnvoll sein. „So kann es etwa geboten sein, im Testament oder Erbvertrag eine sogenannte Rechtswahl zu treffen, um zu verhindern, dass sich die erbrechtlichen Regelungen nach einer fremden Rechtsordnung richten und hierdurch unerwünschte oder unerkannte rechtliche Folgen eintreten, die auch Vermögenswerte in Deutschland betreffen würden“, erläutert Söhner.
Abwicklung von Erbfällen mit Auslandsbezug
Stirbt eine Person, können sich für die Hinterbliebenen und eingesetzten Erben eine Vielzahl rechtlicher Fragen stellen. Hierbei kann es um die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft, die Auseinandersetzung des Nachlasses unter den Miterben und die Erfüllung letztwilliger Anordnungen des Erblassers gehen.
Hatte der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder Vermögenswerte, etwa eine Immobilie, im Ausland, kann dies die Nachlassabwicklung erheblich erschweren. Gleiches gilt, wenn ein Erbe im Ausland seine Erbenstellung nachweisen muss. Auch bei diesen Aufgabenstellungen stehen Notarinnen und Notare als rechtliche Berater zur Verfügung.
„Geht es etwa darum, die Erbenstellung im europäischen Ausland nachzuweisen, kann die Beantragung eines Europäischen Nachlasszeugnisses über eine Notarin oder einen Notar ein sinnvoller Weg sein“, weiß Söhner.