Spießige Inselmedien sprechen gerne flach und vorschnell von Schmierereien oder Grafitti-Vandalismus. Dabei wurden in Palma schon früh Hausfassaden individuell und mehr oder weniger kunstvoll bemalt. Wo ist die Grenze zwischen Kunst und Kritzelei?
Wer genau hinschaut sieht es schnell: viele Häuser aus der Jahrhundertwende wurden schon beim Bau kunstvoll bemalt. Es war der Geschmack des Zeitgeistes. Ob er damals allen gefiel ist unklar. Vielen gefällt er allerdings auch noch heute. Doch die Zeiten haben sich geändert. Und so auch das, was Bewohner und Besucher an Kunst im öffentlichen Raum erwarten und was gefällt.
Tatsache ist: Auch die modernen Grafitti, die meist wild und unerlaubt auf Hauswänden und Mauern in der Altstadt von Palma prangen, sind keineswegs immer nur einfach Spraydosenentleerungen. Die „Täter“ sind durchaus bemüht kreativ zu sein und setzen Farben und Formen gezielt ein.
Ob das im Einzelfall gelingt, liegt auch heute natürlich noch im Auge des Betrachters. Mal wird tatsächlich nur geübt und das Werk unvollendet sich selbst überlassen. Sei es, weil der Künstler die Lust verliert oder sich plötzlich auf die Flucht vor der Polizei begeben musste.
Für manchen oder manche Grafitti-Künstler, die üblicherweise jedes ihrer Werke mit einem „Tag“, also einer persönlichen Signatur hinterlassen, bedeutet der Grafitti-Aktionismus den Einstieg in die anerkannte Street-Art-Szene. Wo also liegt die Grenze zwischen Kunst und Vandalismus?
Als Erscheinungsform im Straßenbild von Palma dürfen die modernen Wandgestaltungen von heute, seien sie auch unerlaubt entstanden, jedenfalls nicht fehlen. Wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, wird auch einige wirklich entzückende Werke finden.
Abrissflächen und unbebaute Grundstücke werden in Palma oft mit Steinmauern begrenzt. Sie sind idealer Untergrund für großflächige Graffitis. Hier findet man durchaus auch interessante, anregende, witzige und attraktive Wandmalereien mit Charakter. Manche Sprayer üben sich darin ihre Schriftzüge nur durch Farben, Formen und dem Spiel von Licht und Schatten zu etwas besonderem zu machen. Andere integrieren kunstvoll gestaltete Figuren und Charaktere in ihre Bilder oder befördern so eine „message“, die zum denken anregen kann. Auch die historischen Gemälde auf den Wohn- und Geschäftshäusern der Jahrhundertwende tun im Grunde nichts anderes. Denn auch diese alten Bemalungen sagen etwas aus.
Wer mit Graffitis bemalte Gebäude und Wände pauschal nur verteufelt, weil ein Künstler sie unerlaubt für sein Werk genutzt hat, der sollte in sich gehen. Und zumindest den Unterschied zwischen Kunst und Schmiereien erklären können.