Krankheit oder Unfall während einer Pauschalreise? Den Fall der Fälle klammern viele Touristen gedanklich gerne aus. Die jährlichen Kosten, die dem spanischen Gesundheitssystem durch erkrankte oder verunglückte Touristen entstehen, geht jedoch in die Millionen. Gäste von Reiseveranstaltern sollten sich nicht auf pauschale Serviceversprechen verlassen. Die Grenzen der Hilfestellungen sind schnell erreicht.
Die Erwartungen sollten nicht allzu hoch sein: Wer bei einem Reiseveranstalter eine Reise gebucht hat ist keineswegs automatisch bei Krankheit oder Unfall „in den besten Händen“. Die Hilfestellungen der Veranstalter sind durchaus sehr begrenzt. Eine spezielle Versicherung für den Fall der Fälle macht Sinn. Zwar helfen die Reiseleiter mancher Veranstaltern im aktuten Fall mit Hinweisen oder auch mal mit Arztadressen weiter. Verlassen sollte man sich allerdings nicht, denn das Thema ist heikel.
Reiseveranstalter – keine Sprachübersetzung im Notfall
Auf keinen Fall helfen die Reiseveranstalter oder auch Hotelpersonal im Notfall mit Übersetzungen beim Arzt. Hier besteht ein zu großes Risiko für Fehler bei der Übersetzung. Ein sprachliches Missverständnis bei einer Diagnose, Medizinempfehlung oder der Dosierung von Medikamenten könnte fatal enden und Haftungsansprüche gegen den Veranstalter oder seine Mitarbeiter auslösen. Deshalb ist es dem Personal von Reiseveranstaltern, also den Reiseleitern vor Ort durchgängig untersagt für die Kunden in Notfällen zu übersetzen. Ohnehin kennen sie notwendige medizinische Fachbegriffe oft garnicht.
Geboten wird allenfalls die Vermittlung eines vereidigten Dolmetschers. Diesen muss der Hilfesuchende aber selbst bezahlen und die Honorarkosten auch am besten schon vorher absprechen. Manche Krankenhäuser haben auch eigene Übersetzter für bestimmte Sprachen. In diesem Fall helfen solche Übersetzer den Kranken direkt im Krankenhaus.
Problematisch wird es wenn die Krankheit erst behandelt und kuriert werden muss und die Heimreise nicht wie geplant angetreten werden kann. Hier helfen Reiseleiter meist gerne bei der Umbuchung oder Verlängerung. Aber natürlich muss das Hotel auch weiter bezahlt werden wenn das Zimmer blockiert wird, auch wenn der Reisende gerade im Krankenhaus ist. Im Notfall – wie zum Beispiel bei einem Unfall oder einem Sturz oder einem Schwächeanfall – bleibt natürlich keine Zeit erst das Hotelzimmer zu räumen. Dann muss – zum Beispiel bei absehbar längerem Krankenhausaufenthalt – jemand organisiert werden, der die Sachen des erkrankten Reisenden aus dem Zimmer holt und sie verwahrt.
Gepäck im Hotelzimmer abholen
Aber nicht jeder darf in das Zimmer des Gastes gehen. In einem solchen Notfall ist meist vorgesehen, dass nur der Hoteldirektor in Begleitung bestimmter Personen das Zimmer betreten und die Sachen des Gastes registrieren oder einsammeln darf. Die Lagerung des Gepäcks muss dann allerdings oft bezahlt werden. Ein Termin dafür muss erst abgesprochen werden und der Gast muss grundsätzlich sein Einverständnis geben.
Wird der Gast direkt aus dem Krankenhaus nach Hause geflogen, muss er den Rücktransport seiner Sachen aus dem Hotel auch selbst organisieren und meist per Vorkasse bezahlen. Auch hier ist beim Reiseveranstalter Schluss mit Service. Denn auch hier kommt wieder das Haftungsrisiko ins Spiel wenn etwas wegkommt oder nicht da ankommt wo es ankommen soll.
Da kann es sogar kostengünstiger sein, wenn ein verlässlicher Verwandter oder Freund aus Deutschland extra einfliegt, um hier zu helfen.
Einige größere Reiseveranstalter haben spezielle Reiseleiter, die überwiegend Krankenbesuche in Kliniken bei kranken Gästen des Veranstalters machen. Sie geben Trost, Tipps oder Adressen und rufen auch schon mal einen Verwandten im Heimatland an, um zu vermitteln. Viel mehr aber auch nicht.
Eine Reisekrankenversicherung und Reiseunfallversicherung ist also auf jeden Fall sinnvoll. Allerdings reicht es keinesfalls rechtzeitig eine solche Absicherung per Klick im Internet irgendwo einfach zu kaufen. Man sollte auch beim Kauf schon genau nachlesen, welche Leistungen denn eigentlich enthalten sind. Und natürlich sollte man ein paar wichtige Fakten zu jeder Zeit während der Reise greifbar haben. Dazu gehören zum Beispiel:
- Policen-Nummer
- Telefonnummer und/oder E-Mail-Adresse im Notfall (zum Beispiel von einem Notruf-Callcenter)
- eigene persönliche Daten zur Identifizierung
- ggf. ist die Benennung oder zu einer einer Vertrauensperson sinnvoll
Kommt es zu einem echten Notfall, also der Situation, dem „versicherungsfall“, den man absichern will, bleibt nicht mehr die Zeit in der hintersten Ecke des Koffers zu kramen. Dann muss ein Griff in die Jackentasche oder die Passhülle reichen, um alles wichtige parat zu haben. Notfalls muss ein Notarzt oder ein anderer Helfer an diese daten kommen.
Dokumentation der Erkrankung und Weiterleitung von Daten durch den Veranstalter
Wer im Urlaub krank wurde oder einen Unfall hatte und dies dem Reiseveranstalter – zum Beispiel dem Reiseleiter oder einem Callcenter – mitteilt, wird von dem Angestellten des Veranstalters zwar meist freundlich und mitfühlend getröstet und umsorgt. Die Mitarbeiter sollen allerdings auch den erkrankten Kunden durchaus möglichst intensiv zur Krankheit befragen. Alles, was der Kunde gegenüber dem Veranstalter oder seinen Reiseleitern an Informationen gibt, wird meist umfassend dokumentiert, in Computersystemen schriftlich festgehalten und kann bei Bedarf auch an Dritte wie Krankenversicherung oder Behörden herausgegeben werden. Insofern sollten erkrankte Kunden keine vorschnellen Diagnosen oder Krankendetails äußern und sich gut überlegen, was sie den „umsorgenden“ Reiseleitern mitteilen. Die Daten und Äußerungen, die im Notfall spontan an der Servicehotline vom Kunden geäußert wurden, bleiben oft jahrelang beim Veranstalter gespeichert und sind auch bei nachfolgenden Reisebuchungen abrufbar.
„Fit-to-Fly“- Zertifikat
Nach einer Erkrankung kann die Fluglinie am Check-In eine ärztliche Bestätigung vom Kunden verlangen, die bestätigt, dass der Gast gesundheitlich in der Lage ist zu reisen und auch für andere keine Gefahr besteht. Beispielsweise für eine Ansteckung von anderen Anwesenden im Flugzeug oder durch das Risiko während des Fluges zusammen zu brechen – zum Beispiel durch ein Herzproblem. Wenn die Reiseleitung von einem Krankenhausaufenthalt und gar den Details des erkrankten Kunden erfahren hat, muss der Fluggast davon ausgehen, dass auch die Fluggesellschaft davon weiß. Sie kann dann die ärztliche „Fit-to-Fly“-Bestätigung vom Fluggast verlangen. Hat er sie nicht, darf sie den Transport verweigern. Es reicht ein Anschein oder die starke Vermutung, dass der Gast nicht flugtauglich ist, um ihn vom Flug auszuschließen. Der Flug verfällt und der Gast muss ggf. teuer umbuchen oder einen neuen Flug buchen.
Zwar darf man nicht grundsätzlich unterstellen, dass bei den Fluglinien die Sorge um das Wohlbefinden ihrer Gäste nicht der Hauptgrund für einen Ausschluss von Gästen ist, aber in Zeiten, in denen Airlines für alle kleinsten Extras wie Sitzplatzwahl oder ein Glas Wasser für die Einnahme einer Tablette ihre Kunden zusätzlich zur Kasse bitten, steht durchaus auch die Befürchtung im Raum, dass durch Umbuchung oder Neukauf eines Tickets Zusatzerlöse erreicht werden können. Dies umso mehr, da Check-In-Personal heutzutage oft schlecht bezahlt und ausgebildet ist und meint aufgrund billiger Tarife mit Kunden „alles“ machen zu können. Der unbilligen Wilkür durch billiges Personal ist hier Tür und Tor geöffnet wenn solches meint entscheiden zu dürfen, dass ein Gast „zu krank“sei mitzufliegen.